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In der „Hölle“ des Ersten Weltkriegs - Fahrt der 9. Klassen und der Klasse 10d zu den Schlachtfeldern von Verdun

„Jetzt verlöschen die Lichter in ganz Europa. Wir werden sie nie wieder in unserem Leben brennen sehen.“ So düster betrachtete Großbritanniens Außenminister Sir Edward Grey in privater Runde den Ausbruch des ersten Weltkriegs und den Kriegseintritt Großbritanniens am 3. August 1914. Und wenn auch die Lichter in Europa Jahre später wieder brannten und der nach dem ersten und zweiten Weltkrieg wie ein Wunder wirkende Einigungsprozess auf dem Kontinent nach 1945 für eine lange Zeit des Friedens sorgte, verdeutlichen die ehemaligen Schlachtfelder von Verdun das Grauen des Krieges auf solch drastische Weise, dass Greys Vorahnung durchaus berechtigt erscheint.
Angesichts des nun schon fast eineinhalb Jahre andauernden neuen Krieges in Europa und des Erstarkens antidemokratischer und illiberaler Systeme weltweit war es den Geschichtslehrkräften sowie den Klassenlehrinnen und -lehrern und den Schülerinnen und Schülern der Klassen 9 und 10d des Max-von-Laue-Gymnasiums ein sehr wichtiges Anliegen, am 17. Mai 2023 die Schrecken des Krieges auf einem der wichtigsten Schlachtfelder der sogenannten „Urkatastrophe“ selbst nachempfinden zu können.

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Schon früh um 7.00 Uhr ging es für die 91 Schülerinnen und Schüler und die acht begleitenden Lehrkräfte von Koblenz aus mit zwei Bussen los, um im 260 km entfernten Verdun von ihren Begleitern Pierre Lenhard und Ingrid Ferrand in Empfang genommen zu werden. Während der Fahrten zu den unterschiedlichen Orten rund um Verdun erfuhren sie viele interessante Einzelheiten zum Ersten Weltkrieg, aber vor allem zur besonderen Situation von Verdun. So wurde durch den Vortrag Ingrid Ferrands deutlich, dass es hier keine für diesen Krieg so charakteristischen Schützengräben gab, weil die Generalität nicht mit einem Angriff auf Verdun gerechnet hatte und der Ort somit überhaupt nicht vorbereitet gewesen war. Auf dem Boden des verschwundenen Dorfes Fleury wurde deutlich, dass dort, wo einst Hunderttausende starben (alleine 700.000 Opfer waren nach der Schlacht vom 21. Februar bis 18. Dezember 1916 zu beklagen, ca. 300.000 Tote und Vermisste und 400.000 Verwundete) , die Landschaft durch Granaten umgepflügt wurde, ganze Dörfer in der Gegend zerstört und unbewohnbar wurden und der Boden bis heute verseucht ist. Im ganz neuen Museum ,,Les poilus de Verdun“ erhielten die Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer durch große Schaukästen einen eindrucksvollen Einblick in den Kriegsalltag der Soldaten. Weitere Stationen waren das heftig umkämpfte Fort Douaumont und das beeindruckende Beinhaus (Ossuaire) in unmittelbarer Nachbarschaft, das ein in die Erde gerammtes Schwert (= Frieden) symbolisiert, von dem nur noch der Knauf zu sehen ist. Eine audiovisuelle Führung im Beinhaus brachte der ganzen Gruppe das Kriegsgeschehen auf den Schlachtfeldern näher. Vom Turm des Beinhauses, das die Überreste von unfassbaren 130.000 gefallenen Soldaten in sich aufnimmt, konnte sie außerdem die Auswirkungen des Krieges in der näheren Umgebung betrachten. Auch wurde während der Exkursion deutlich, dass nicht nur europäische Christen auf den Schlachtfeldern von Verdun gekämpft hatten. Überall an den Gedenkstätten war durch Informationstafeln und Stelen ersichtlich, dass hier auch Soldaten aus Algerien, Tunesien, Marokko und den Antillen an der Seite der Kolonialmacht Frankreich gekämpft hatten. Auf dem großen Gräberfeld vor dem Beinhaus konnten die Teilnehmerinnen und -nehmer die religiöse Zugehörigkeit der Gefallenen an der Form der Grabmale erkennen. All diese und viele weitere Tatsachen wurden unseren Gruppen wie schon in den vergangenen Jahren durch unsere kundigen Exkursionsbegleiter Pierre Lenhard und Ingrid Ferrand kompetent und sensibel nahegebracht. Immer wieder war zu spüren, wie wichtig den beiden die Erinnerung an die Schrecken von Verdun ist.
Vorbereitet worden war die Fahrt am Freitag zuvor von vier Geschichtslehrerinnen und -lehrern durch einen speziellen Studientag für die teilnehmenden Klassen, an dem sie sich mit den Empfindungen der Soldaten durch das Lesen von deutschen Feldpostbriefen, englischen Gedichten und einem deutschen Roman, „Im Westen nichts Neues“ von Erich-Maria Remarque, sowie durch das Betrachten von zeitgenössischem Bild- und Filmmaterial beschäftigten.
Wir bedanken uns bei den Begleitern, Betreuern und Vorbereitern Frau Blümmert, Herrn Brümmer, Herrn Dahm, Herrn Dorscheid, Herrn Hebestedt, Herrn Jüttner, Herrn Ordowski, Frau Schröder und Frau Sibbe.
Zudem sind wir dem Land Rheinland-Pfalz mit der Koordinierungsstelle für schulische Gedenkarbeit und Zeitzeugenbegegnungen sehr dankbar, dass sie diese Fahrt in diesem wie auch schon im letzten Jahr mit einem großzügigen Zuschuss unterstützen, denn nur so war die Fahrt trotz in diesem Jahr immer noch hoher Energiekosten für alle Schülerinnen und Schüler gut leistbar.
(Die Fachkonferenz Geschichte)

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