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Seid wachsam! „Der Fotograf von Auschwitz“ - Lesung mit Reiner Engelmann

Der Tag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, der 30. Januar 1933, jährte sich am vergangenen Montag zum 90. Mal. Eine eindrucksvolle Veranstaltung gegen das Vergessen der Nazi-Greuel fand dazu in der Aula für alle Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen und der Oberstufe statt. Der Autor Reiner Engelmann, der mehrere Bücher zum Thema NS-Gewaltherrschaft und Holocaust veröffentlicht hat, brachte seinem Publikum das Schicksal des polnischen Fotografen Wilhelm Brasse nahe, den er 2011 auf einer seiner Studienfahrten zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz kennengelernt hatte.

Engelmann stellte in seinem Vortrag den Lebensweg Brasses dar, der 1940 bei einem gescheiterten Fluchtversuch gefangengenommen und schließlich unter menschen­unwürdigen Bedingungen in das Konzentrations­lager Auschwitz-Birkenau transportiert worden war. Die Schülerinnen und Schülern erfuhren anhand ausgewählter Lese­passagen und mittels beklemmender Schilderungen Einzelheiten über das Lagerleben. So hörten sie von der Mangelernährung, der Schwere der Arbeit, der sadistischen Willkür und der schikanösen Behandlung der Häftlinge durch das Wachpersonal. Dass Wilhelm Brasse das Martyrium für die Gefangenen überlebte, verdankte er seinen fotografischen Fähigkeiten und seinen Deutsch­kenntnissen. Als sogenannter Funktions­häftling wurde er von der SS gezwungen, die Gefangenen für die Lagerkartei zu fotografieren und die menschenverachtenden Experimente des SS-Lagerarztes Josef Mengele zu dokumentieren. Während dieser Tätigkeit versuchte Brasse anderen Gefangenen zu helfen, soweit das bei einer strengen Überwachung möglich war. Kurz bevor das Lager befreit wurde, widersetzte sich Brasse dem Auftrag, alle fotografischen Dokumente zu vernichten, wodurch diese bedeutsamen Beweise für den Massenmord erhalten blieben und als Zeugnisse der KZ-Verbrechen archiviert wurden.

Reiner Engelmann, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Erinnerungskultur zu stärken und zu fördern, gab am Schluss die Worte des Zeitzeugen Brasse an sein junges Publikum weiter: „Seid wachsam!“ Die zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schüler, auf die Engelmann ausführlich einging, zeigten eindrucksvoll, wie aufmerksam und interessiert sie den bedrückenden Schilderungen gefolgt waren.

Bereits am Freitag, 27.1., dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, konnten verschiedene Lerngruppen am Max-von-Laue eine von Herrn Brümmer und seinem 12-er Geschichtsleistungskurs gestaltete Ausstellung besuchen. Mit ausgewählten Texten brachten die Schülerinnen und Schüler das Schicksal der Opfer aus der Perspektive der Kinder zu Gehör. Am folgenden Tag präsentierten die Limburger Domsingknaben unter der musikalischen Leitung von Andreas Bollendorf in der Aula des Eichendorff-Gymnasiums die Kinderoper „Brundibár“. Sie wurde im Jahr 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt von inhaftierten Kindern erstmalig aufgeführt und ist ein bewegendes Zeugnis dieser Zeit.

Großer Dank gilt dem Friedrich-Bödecker-Kreis und dem Ministerium für Bildung, die die Lesung mit Reiner Engelmann finanziert haben. Herzlichen Dank auch an Frau Geisen, die als Vorsitzende der Fachkonferenz Religion/Ethik die Veranstaltung geplant und organisiert hat, und Herrn Brümmer, der dank seiner Kontakte zur Limburger Dommusik die Aufführung der Kinderoper in Koblenz ermöglicht hat.
Jutta Bartolosch

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